Warum wir einen Coronafonds brauchen

In diesen Tagen muss ich immer an meinen ehemaligen Chef denken, den Ökonom Norbert Walter, der viel zu früh gestorben ist. Was würde er wohl zur Corona-Krise sagen? Er wäre bestimmt besorgt, weil es nicht oft vorkommt, dass von der Nachfrage- und der Angebotsseite Schlimmes droht. Containerschiffe aus China mit Zwischenprodukten für deutsche Mittelständler laufen nicht mehr aus dem Hafen aus. Zugleich führt die Unsicherheit in Deutschland dazu, dass die Menschen weniger unternehmen und weniger Geld ausgeben.

Am Wochenende haben mich Mittelständler aus fast allen Bereichen des Wirtschaftslebens kontaktiert. Die Reisebranche liegt völlig am Boden, der stationäre Handel klagt über fehlende Kunden, die Kurse brechen ein, und und und. Kurzum: Es verdichten sich die Hinweise, dass die Corona-Krise selbst die tiefgreifende Finanzkrise 2008/09 in den Schatten stellen wird. Was ist jetzt zu tun?
Was wir jetzt brauchen, ist keine Panikmache, sondern Mahnung zur Vorsicht im Umgang mit dem Erreger sowie einen klaren wirtschaftspolitischen Kurs. Wir werden dieses Jahr meines Erachtens eine Rezession in Deutschland sehen. Um einen schlimmen Einbruch zu verhindern, muss die Politik jetzt genauso entschlossen handeln wie im Oktober 2008 bei der Einlagengarantie. Die Bürger müssen ein klares Signal von der Regierung bekommen, dass alles getan wird, um Arbeitsplatzverluste aufgrund von Corona zu vermeiden.Die Wirtschaft wiederum muss darauf vertrauen können, dass sie auf Unterstützung aus einem umfangreichen Coronafonds in zweistelliger Milliardenhöhe zählen kann. Für einen solchen zweckgebundenen Fonds werde ich mich stark machen! Es wird sonst an die Substanz unseres Standortes gehen, mitten ins Mark. Wir müssen Zahlungen von Steuern und Sozialabgaben stunden, zinslose (Überbrückungs-)Kredite zur Verfügung stellen sowie das Kurzarbeitergeld branchenübergreifend anpassen.
Um diese Maßnahmen zu finanzieren, brauchen wir eine neue Schwerpunktsetzung im Haushalt. Auf der einen Seite braucht es ein Belastungsmoratorium, auf der anderen Seite sollten wir die Spielräume der Schuldenbremse ausnutzen. Das bedeutet eine vorübergehende Aufgabe der schwarzen Null. Diese ist eine wichtige, den Staat disziplinierende Selbstverpflichtung, die ich immer verteidigt habe. Bei „höherer Gewalt“ können wir aber nicht stur an ihr festhalten. Das war immer klar. Klar muss aber auch sein, dass die Schwarze Null wieder gelten muss, sobald die Krise überwunden ist.

Auch wenn es uns gelingen sollte, die Unternehmen vor den heftigsten Auswirkungen zu schützen, braucht es eine Perspektive, dass es schon bald wieder bergauf geht. Hier müssen wir uns endlich ehrlich machen: Wir haben es in den vergangenen Jahren versäumt, unseren Standort krisenfest zu machen. Immer mehr soziale Leistungen wurden mit der Gießkanne verteilt, immer mehr Lasten den Bürgern und Mittelständlern aufgebürdet.

Damit muss jetzt endgültig Schluss sein. Priorität müssen jetzt die haben, die mit ihren Steuern unseren Staat am Laufen halten. Denn wenn wir jetzt nicht reformieren, folgt auf die Coronakrise eine Schulden- und Strukturkrise. Ergo: Genauso entschlossen und schnell wie wir Liquiditätshilfen zur Verfügung stellen müssen, braucht der Mittelstand jetzt Entlastung, Flexibilisierung und Freiräume, um die Krise zu bewältigen und danach im internationalen Wettbewerb wieder Fuß zu fassen. Nicht mehr und nicht weniger.


Diesen Beitrag teilen